Und immer wieder… – dkw-Ausstellungen mit Fokus Krieg

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Am Samstag (7.10.) eröffnet das dkw. zwei Ausstellungen und eine Fotopräsentation, die Krieg, Gewalt und Zerstörung thematisieren. Eine Auseinandersetzung, die (leider) immer zeitgemäß ist – so liest sich auch die Zusammenstellung der künstlerischen Positionen der kommenden Ausstellungen im Dieselkraftwerk wie eine Beweisliste für die nie enden wollende Produktion des Leids.

Francisco de Goya, Los desastres de la guerra / Die Schrecken des Krieges, 1810-1814 / 1863, Blatt 13: Bittere Anwesenheit.

Francisco de Goya, Los desastres de la guerra / Die Schrecken des Krieges, 1810-1814 / 1863, Blatt 13: Bittere Anwesenheit.

Ausgangspunkt ist die Präsentation der Grafikmappe „Los desastres de la guerra“ von Francisco de Goya (1746–1828). Der aus 82 Aquatinta-Radierungen bestehende Zyklus thematisiert den Gurilliakrieg der spanischen Bevölkerung gegen die französische Besetzung durch Napoleon, der in den Jahren 1808 und 1809 seinen Höhepunkt hatte. Die Serie zeichnet sich durch ihren schonungslosen Realismus aus: Vergewaltigungen, rohe Gewalt, Berge von Verletzten, Sterbenden, Toten. Diese düsteren Schilderungen kennen kein Licht oder gar pathetischen Heroismus, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts durchaus noch gang und gäbe innerhalb der Kunstproduktion war. Goya war Hofmaler am spanischen Königshof und somit verpflichtet Gemälde zu schaffen, welche die Herrlichkeit der königlichen Familie inszenierten. Die Druckgrafik hingegen nutze er um seiner Sozialkritik einen Ausdruck zu geben.

Goya selbst hat von den „Desastres“ nur einen Probedruck angefertigt. Erst 1863, wurde die Serie gedruckt, in einer Auflage von sechs Exemplaren je Mappe. Eine dieser vollständigen Zyklen hat die Anhaltische Gemäldegalerie Dessau nun an Cottbus ausgeliehen. Somit wird dem hiesigen Publikum die Gelegenheit gegeben, Einblick in diese bedrückende Kriegsdokumentation zu nehmen.

Wilhelm Rudolph, Dresden – Lindenaustraße, um 1946, © dkw., Repro: Andreas Kämper.

Wilhelm Rudolph, Dresden – Lindenaustraße, um 1946, © dkw., Repro: Andreas Kämper.

Sind die Motive von Goya konkrete Gewalttaten, so setzt die Gruppenausstellung bei den Folgen der Zerstörung an. „Keiner hat uns gesagt, ihr geht in die Hölle. Fotografien und Grafiken aus Dresden und Kobane“ zeigt Bilder, die sich den Trümmern widmen, die der Krieg zurücklässt. Zu sehen ist die bekannte Serie „Dresden – Eine Kamera klagt an“, die Richard Peter Sen. (1895–1977) in den Jahren nach 1945 fotografierte. In stoischem Grau-in-Grau nimmt er das Gerippe einer Stadt auf, zeigt die Leichen, die stillen Hüllen, die der Krieg hinterlassen hat. Analog dazu sind die Zeichnungen und Druckgrafiken von Wilhelm Rudolf, der die Überreste seiner Stadt Straße um Straße in schwarzen Linien auf braunem Papier abzirkelt.

Gegen diese düsteren Ansichten wirken die lichtdurchfluteten Farbfotografien von Robin Hinsch (geb. 1987) als krasser Kontrast. Dabei ist ihr Inhalt geradezu erschreckend gleich. Nun ist es nicht Dresden 1946/47, sondern die syrische Stadt Kobanê. 2014 wurden die Stadt und ihre Umgebung von Truppen des Islamischen Staates angegriffen und in Folge hart umkämpft, bis im Februar 2015 der IS nachdrücklich aus der Stadt zurückgedrängt wurde. Auch hier Trümmer bis an alle Bildränder. Mag ein Sonnenstrahl am Ende einer Straße von Hoffnung künden, so wird diese zugleich erstickt, wird einem bewusst, dass dies nur eine weitere Bildserie in einer endlosen Reihe von Kriegsreportagen ist. Die Einsicht, die hier im Raum steht, ist simpel wie frustrierend.

Nun, damit aber noch nicht genug. Auch der aktuelle Rechtsruck in unseren Breitengeraden wird thematisiert. Die Serie „Neonazis in Deutschland“ von Ludwig Rauch (geb. 1960), fotografiert in den Jahren 1991–1993, wird zusammen mit einem von Heidrun Bartholomäus eingesprochenen Text des Kunsthistorikers Michael Freitag als Diaprojektion präsentiert. Die nun mehr historische Arbeit bietet eine weitere Grundlage zur Reflexion über den rechten Populismus, der uns heute täglich in den Ohren klingelt.

Zeitlos scheint die naheliegende Bezeichnung für alle diese Werkgruppen. Sicherlich, die hohe künstlerische Qualität aller Arbeiten bedarf nahezu keiner Versicherung – die Kraft der Bilder spricht für sich. Jedoch, ihre Zeitlosigkeit begründet sich wohl eher im Inhalt, dem Themenkomplex Krieg, der in fortwährender Erneuerung um immer weitere Schlachtfelder ergänzt wird. So muss auch die Ausstellungsidee als nicht sonderlich innovativ identifiziert werden. Macht sie das weniger legitim, ihre Umsetzung weniger notwendig? Ich denke nicht.

Ein Gedanke zum Schluss: Albert Einstein gab in einem 1931 geführten Interview zu Protokoll: „Es wird nicht möglich sein, die kriegerischen Instinkte in einer ganzen Generation auszurotten. Es wäre nicht einmal wünschenswert, sie gänzlich auszurotten. Die Menschen müssen weiter kämpfen, aber nur, wofür zu kämpfen lohnt: und das sind nicht imaginäre Grenzen, Rassenvorurteile oder Bereicherungsgelüste, die sich die Fahne des Patriotismus umhängen. Unsere Waffen seien Waffen des Geistes, nicht Panzer und Geschosse.“

Wie pathetisch das klingt – wie erschütternd wahr und aktuell. Ich möchte wiederholen: Unsere Waffen seien Waffen des Geistes!

Sabrina Kotzian

Titelfoto: Robin Hinsch, aus der Serie „Kobane“, 2015, © Robin Hinsch

Infos
Ausstellungseröffnung 07.10.,19 Uhr
08.10.16–01.01.17

  • Los desastres de la guerra / Die Schrecken des Krieges. Francisco de Goya
  • Keiner hat uns gesagt, ihr geht in die Hölle. Fotografien und Grafiken aus Dresden und Kobane. Robin Hinsch, Richard Peter sen.,Wilhelm Rudolph
  • Eine fotografische Dokumentation aus den frühen 1990er Jahren. Ludwig Rauch, mit einem Text von Michael Freitag, gelesen von Heidrun Bartholomäus

Begleitprogramm und weitere Infos: www.museum-dkw.de

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